Martelltal: Geschichte & Wirtschaft
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Mehr über die Geschichte der gesamten Region Südtirol erfährst Du auf den Seiten zu . Das Martelltal, an dessen Rand im Ersten Weltkrieg die Front verlief, ist auch hier ein typisches Beispiel für die Geschichte der Region.Wirtschaftlich ist Martell heute eng an das Vinschgau angebunden. Auch hier durchdringen sich > traditionelle almbäuerliche Landwirtschaft, Tourismus und Obstanbau. |
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Die Besiedlung des Martelltals ist ab dem 11. Jahrhundert im Zuge der hochmittelalterlichen Höhenkolonisation organisiert worden. Chroniken zeigen, dass um 1340 bereits eine Gemeinde Martell existierte. Diese Besiedlung bedeutete, dass bisher nur saisonal oder sporadisch benutzte Almgebiete in ganzjährig bewohnte Schwaighöfe umgewandelt wurden. Die Bauern wurden für die Schwierigkeiten bei der Urbarmachung mit dem Erbbaurecht belohnt. Damit wurde die im Hochmittelalter einsetzende Bevölkerungszunahme ausgeglichen und übervölkerte Zonen wurden entlastet. Der Hofname Greit lässt sich auf eine solche Rodung zurückführen. Siedlungsschübe hat es nach zwischenzeitlichen Entvölkerungen in Pestzeiten gegeben sowie ab dem 15. Jahrhundert durch Bergknappen, die anfänglich privat leicht zugängliche Lagerstätten ausbeuteten. Um 1650 holten die Grafen Hendl gut ausgebildete Knappen aus Schwaz. Nicht alle Bergknappen verließen nach Auflassen der Schürftätigkeiten um 1800 das Martelltal. Viele blieben mangels Alternativen als verarmte und verachtete Kleinhäusler und verdienten sich durch handwerkliche Tätigkeiten wie Korbflechten, Drechseln oder als Fassbinder neben den Tätigkeiten als Tagelöhner auf den Bauernhöfen ein Zubrot. 1427 existierten in Martell 50 Haushalte. 1847 wurden erstmalig 1000 Einwohner gezählt.
1448 wird der Bergbau in Martell das erste Mal urkundlich erwähnt. Im Laufe der Zeit wurde an vielen Stellen im Tal geschürft. Viele eingestürzte Stollen zeugen davon. Die ergiebigsten Lagerstätten lagen in den Saltgräben und im Pedertal. Erst mit der Schaffung eines eigenen Tiroler Bergbauamtes in Imst um 1540 wurde der wilde Abbau Regeln unterworfen. Ab 1650 ließen die Grafen Hendl aus dem Vinschgau die Gebiete um Latsch, Morter, Goldrain und Martell systematisch nach Erzlagerstätten absuchen. Erbeutet wurde Kupfer, Eisen und Silber. Die Erze wurden in Stampfwerken und Schmelzhütten in Morter, in Ennewasser und in der Schmelz verarbeitet. In der angeblichen Goldgrube im Pedertal, um die sich im Volksmund hartnäckig die abenteuerlichsten Gerüchte ranken, wurden bei Probegrabungen 1910 Kupfer, Eisen und Schwefel, aber kaum Gold gefunden. Für die seelsorgerische Betreuung der Bergknappen ließen die Grafen Hendl 1711 in der Schmelz eine Kapelle errichten, die 1894 im neugotischen Stil erneuert wurde. Die Schürftätigkeiten dauerten bis 1800. Die alte Gruebhütte wurde in den 1930er Jahren von jener Gesellschaft angekauft, die das Hotel Paradies erbaute. Daraus wurde das Schutzhaus Borromeo. Die Marteller Bevölkerung selbst hatte vom Bergbau kaum einen wirtschaftlichen Nutzen.
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Bis in die 1960er Jahre waren Ackerbau und Viehwirtschaft die dominierenden Einnahmequellen im Martelltal. Die Bauern waren Selbstversorger, die Felder, Wiesen und Almen so intensiv wie möglich nutzten, um mit dem kärglichen Ertrag über die Runden zu kommen. Trotz der hinterwäldlerischen Lage waren die Bergbauern offen für technischen Fortschritt (1910 Dreschmaschine, ab 1920 Materialseilbahnen) oder neue Ideen (1928 Viehversicherung). Ein Hemmnis für die wirtschaftliche Entwicklung im Martelltal war die schlechte Erreichbarkeit. Ein schlecht befahrbarer Talweg ging nur bis Bad Salt. Die Marteller mussten bis 1934 auf eine funktionierende Talstraße warten. Damals wurde in Hintermartell mit dem Bau des Hotels Paradiso begonnen, bei dem über 100 Arbeitskräfte eingesetzt waren. Im Hotelbetrieb selbst gab es für die Dorfbevölkerung zwar kaum Arbeitsmöglichkeiten (wegen der mangelnden Sprachkenntnisse), wohl aber Absatzmöglichkeiten für ihre bäuerlichen Produkte. Mit dem Bau der Staumauer und der Wasserstollen in den 1950er Jahren wurde die Infrastruktur zwar verbessert, die Bauern mussten aber oft ihre besten Almgründe für diesen Zweck opfern. In den 1960er Jahren ging der Kornanbau zurück. Er wurde durch die Grünlandwirtschaft und durch Sonderkulturen ersetzt, auf denen einige Pioniere Beerenfrüchte (Johannisbeeren, Erdbeeren, Himbeeren) und Gemüse anzubauen begannen. Sie verbesserten Jahr für Jahr ihre Produktions- und Vermarktungsmethoden. Anfangs wurden die Beeren von den Bauern direkt an Händler und an Getränkefabrikanten verkauft. Zunehmende Konkurrenz aus Rumänien erzwang die Vermarktung über die Großmärkte in Innsbruck und München, wo die Beeren sehr beliebt waren. Nicht immer verlief die Vermarktung glatt. Es fehlten Lagerräume und Kühlzellen, Probleme, die am ehesten genossenschaftlich zu lösen waren. 1989 wurde von 9 Bauern die MEG (Marteller Erzeugergenossenschaft) gegründet, die ab 1992 die Vermarktung übernahm und 1994 das neue Genossenschaftsgebäude mit Kühl- und Lagerräumen, Büro und Handelsgeschäft eröffnete. Jährlich findet das Marteller Erdbeerfest als Auftakt zur Erdbeerernte statt. Das Martelltal ist mittlerweile zur Hochburg des Erdbeerbaus in Südtirol avanciert, in der die Erdbeeren in Höhen zwischen 900 m und 1.700 m Höhe angebaut werden.
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