Nepal & Indien: Verhalten, Kleidung, inter­kulturelle Miss­verständnisse
Wandern

Wie verhalte ich mich in Nepal und Indien? Welche Fettnäpfchen lauern? Wie vermeide ich interkulturelle Missverständnisse?

Inder fotografiert Nepali Kind

Auf dieser Seite:

Auf separaten Seiten:

Verhalten & Kleidung

Nepali und Inder sind sehr tolerant, das sollte man aber nicht überstrapazieren. Ein Leitsatz heißt:

Gesicht geben, nie Gesicht nehmen, immer Gesicht wahren!

Konflikte werden nicht oder nur selten offen ausgetragen. Allerdings werden niedrige Kasten von höheren oft sehr harsch behandelt. Der Tourist aus dem Westen steht mehr oder weniger außerhalb des Kastensystems.

Leider erlebt man immer wieder, dass Menschen aus dem Westen und aus anderen Ländern die Inder und Nepali von oben herab behandeln. Diese Überheblichkeit ist völlig fehl am Ptatze und beleidigt die Gastgeber. Auch bei Meinungsverschiedenheiten sollte man freundlich bleiben und nicht anfangen, sich aufzuplustern. Indien war lange eine Kolonie der Engländer und die Inder sind an der Stelle zu Recht sehr sensibel. Eine höfliche aber bestimmte Darlegung der eigenen Position bewirkt mehr und verhindert interkulturelle Konflikte.

Ein Lächeln und freundliches Auftreten öffnet viele Türen.

Trotz aller Selbstkritik sind Inder und Nepali stolz auf ihr Land. Wenn ein Nepali im Gespräch die Zustände in seinem eigenen Land kritisiert, ist das eine Sache. Wenn der Gast aus dem Westen darüber lamentiert, eine ganz andere. Auch, wenn Inder oder Nepali mal kritische Dinge über ihr eigenes Land äußern, sollte der Gast aus dem Westen eher die positiven Dinge hervorheben. Bei Negativa lieber erstmal zuhören, und sich mit schlauen westlichen Ratschlägen zurückhalten. Politische Diskussionen sollte man - wenn überhaupt - sehr defensiv führen. Leitsatz:

Fragen statt belehren.

Und dann gibt es ja noch den alten Traveller-Spruch zu Gesprächsthemen, die man lieber meiden sollte: "No sex, no politics, no religion!"

Nepali Frau

Wanden & Trekking. Tempel

Vor allem in Hindutempel, aber auch in Moscheen, Sikh-Tempel und andere religiöse Stätten sollte man nicht einfach reinlatschen. Man kann aber fragen, ob das Betreten okay ist, oder auf eine Einladung warten. Voraussetzung dafür ist in der Regel eine dem Tempelbesuch angemessene Kleidung und dass man an der Pforte die Schuhe auszieht. Manche Hindu-Tempel sind für Nicht-Hindus gänzlich tabu.

Allgemein empfiehlt sich ein respektvolles und defensives Verhalten. Auch Fotos sollten nur nach Erlaubnis gemacht werden. Manchmal wird das gern gewährt, ein anderes mal wird eine Spende oder Bezahlung erwartet und bei wiederum anderen Gotteshäusern ist das Fotografieren komplett verboten.

Im Tempel trägt man i.d.R. keine Schuhe, Shorts oder Tops, oft auch kein Leder, weil dafür Tiere getötet wurden. Allgemein sollte der Gast aus dem Westen dezent auftreten und keine Altäre oder heilige Standbilder anfassen.

Wanden & Trekking. Touristentugenden

Es git ein paar Grundsätze, mit denen der Reisende sich selbst und die Einwohner des Reiselandes bereichert. So können sich Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen in gegenseitigem Respekt begegnen.

Unvoreingenommenheit:

Die offene Kommunikation mit Indern oder Nepali funktioniert am besten, wenn man sich bewusst macht, dass man fast nichts über diesen riesigen und unglaublich vielfältigen Subkontinent weiß. Viele Menschen erscheinen nach unseren Maßstäben vielleicht auf den ersten Blick ungebildet. Aber Nepal und Indien haben eine reiche Kultur und Geschichte und in Indien arbeiten mehr High-Tech-Ingenieure als in jedem europäischen Land.

Auch, wenn man sich seit Jahren mit der Region beschäftigt und sich zu allem möglichen schon eine Meinung gebildet hat ... aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man immer noch dazu lernt, wenn man seine eigenen Schablonen und Stereotypen über Bord wirft und die Gesprächsbeiträge der Einheimischen möglichst objektiv anhört. Bewerten kann man das dann alles auch noch zu hause.

Respekt gegenüber der besuchten Bevölkerung:

Respekt und Wertschätzung ist die Basis für einen Austausch auf Augenhöhe. Nepali und Inder lassen sich nicht mehr wie in der Kolonialzeit behandeln. Das sollte eigentlich für jeden menschlich denkenden und handelnden Menschen selbstverständlich sein. Die Erfahrung zeigt aber, dass das immer noch gang und gäbe ist.

Auch von den besten und gebildetsten einheimischen Guides, die z.T. fünf, sieben oder mehr Sprachen sprechen, bekomme ich die Rückmeldung, dass sie von Reiseleitern aus dem Westen oft nicht gleichwertig, sondern als eine Art Praktikant behandelt werden.

Andere Zeitbegriffe akzeptieren:

Reisende aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und aus anderen Ländern Mittel- und Nordeuropas haben eine andere Einstellung zu Zeit und Pünktlichkeit, als Inder und Nepali. Darauf sollte man sich vor einer Reise in die Region einstellen. Es bringt überhaupt nichts, sich über Unpünktlichkeiten zu ärgern oder zu versuchen, die Menschen vor Ort zur Pünktlichkeit zu erziehen. Besser sollte man sich auf den insgesamt entspannteren Beat der Asiaten einlassen und entsprechende Zeitreserven einplanen. Das macht allen Beteiligten das Leben leichter. Und wer kann denn festlegen, dass der eigene Zeitbegriff der einzig richtige ist?

Erleben einer anderen Lebensart als bereichernd empfinden:

Warum reisen wir? Vermutlich doch auch, um die Welt kennen zu lernen. Warum beschweren sich trotzdem so viele Reisende, dass es anderswo ganz anders zugeht, als zuhause? Lasst uns doch den Kontakt mit dem Fremdartigen weniger als Bedrohung, Beleidigung oder Affront auffassen und mehr als Herausforderung, Bereicherung und Training für die eigene Offenheit, geistige Beweglichkeit und Lernfähigkeit.

Örtliche Sitten und Gebräuche beachten:

Zum Respekt den Einheimischen gegenüber gehört auch, sich an ihre Sitten und Gebräuche so weit es geht anzupassen. Das bedeutet nicht, dass man unbedingt alles so machen soll, wie die Menschen vor Ort. Auch, wenn man in Indien und Nepal seinen Rotz lieber auf die Straße spuckt, statt ihn in der Hosentasche mit sich herum zu tragen, darf der Reisende weiter sein Taschentuch benutzen. Es geht hier eher darum, feine Antennen auszubilden für das, was die Bewohner Nepals oder Indiens verstören, beleidigen oder kränken könnte.

Was würde man in Deutschland von einem Inder halten, der während der Messe zum Altar schreitet und das Kruzifix anfasst? Oder der ungefragt eine Wohnung betritt um mal zu schauen, wie die Deutschen leben? Merkwürdig, dass es für westliche Touristen in vielen Reiseländern kein Problem zu sein scheint, vergleichbares zu tun.

Fragen stellen, statt Antworten geben:

Sind Euch im Ausland auch schon Landsleute aufgefallen, die den Einheimischen erklären, wie alles viel besser laufen würde? Das ist nicht nur anmaßend, sondern bei dem Wohlstands- und Sozialgefälle zwischen Reisenden und Bereisten in Indien und Nepal auch beleidigend und ignorant.

Wer fragt, zeigt Interesse am Reiseland und seinen Bewohnern und erfährt viel. Damit erweitert man seinen Horizont und kann auch die Verhältnisse im eigenen Land mal aus einer anderen Perspektive betrachten. Vielleicht merkt man dann, dass Dinge auch gut funktionieren, die anders gehandhabt werden als in Mitteleuropa.

Durch die Kolonialzeit und durch viele überhebliche Touristen sind die Menschen in Indien und Nepal oft mit der Arroganz des Westens konfroniert worden. Es ist fast erstaunlich, dass man immer noch so gastfreundlich empfangen wird. Wenn man durch Fragen ein echtes Interesse am Reiseland bekundet und die geäußerten Antworten und Ansichten als gleichrangig ansieht, kommuniziert man (eher) auf Augenhöhe mit den vor Ort lebenden Menschen.

Ein Kommentar einer Reisenden war z.B. mal: "Wenn Ihr hier (in Indien) mal aufräumen und sauber machen würdet, wäre es hier ja ganz schön ...".

Keine speziellen Privilegien beanspruchen:

In Indien und Nepal wird man oft erleben, dass man als westlicher Tourist z.B. beim Arzt oder auf dem Amt vorgelassen wird oder in einem vollen Bus einen Platz angeboten bekommt. Das ist ein Zeichen von Gastfreundschaft und kein Vorrecht westlicher Reisender. Man kann solche Angebote auch mal annehmen, aber natürlich nicht darauf bestehen. Auch hier ist wieder das Entscheidende, dass sich Reisende und Bereiste auf Augenhöhe begegnen.

Keine leeren Versprechungen machen:

Dieser Punkt sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Trotzdem erlebt man immer wieder, dass von Touristen etwas versprochen, aber nicht gehalten wird. "Ich schicke Dir die Fotos." ist z.B. ein schnell geäußerter Satz, der allzu oft nicht in die Tat umgesetzt wird. So entsteht in vielen Reiseländern das Bild von der Verlogenheit westlicher Menschen.

Wanden & Trekking. Weitere Aspekte

Zärtlichkeiten ...

... sollte man in der Öffentlichkeit vermeiden. Männer und Frauen sieht man nur selten beim Austausch von Zärtlichkeiten, und wenn, dann in westlich geprägten Subkulturen, vor allem in den Städten.

Wenn man Männer sieht, die Händchen halten, ist das kein Zeichen von Homosexualität, sondern zeigt ihre Freundschaft.

Cool man!

Empfindungen werden nicht offen zur Schau gestellt. Schmerzäußerung ist eine Harmoniestörung! Leid wird (von anderen) ignoriert und (von einem selbst) lächelnd ertragen.

Linke Hand, Füße und Schuhe, Nase putzen ...

... sind unrein. Gegenstände immer nur mit der rechten Hand entgegen nehmen. Die Linke möglichst nicht beim Essen benutzen. Beim Essen mit Besteck - anders als bei uns - die Nahrung mit der rechten Hand zum Mund führen.

Sohlen bitte nicht auf Menschen oder Tempel richten. Nicht über Personen hinwegsteigen. Beim Ausziehen der Schuhe, z.B. im Tempel, die Schuhe nur mit der linken Hand tragen.

Beim Naseputzen sollte man sich entfernen. Viele Inder und Nepali finden es befremdlich, seinen Rotz in ein Taschentuch zu blasen und in die Tasche zu stecken.

Begrüßung:

Namasté, Namaskar mit vor der Brust zusammengelegten Handflächen und leichter Verbeugung. In Indien gibt es auch regional unterschiedliche Begrüßungsformaln.

Gestik:

Die Gesten für ja, nein oder herkommen sind anders als bei uns.

Fotografieren:

Auch mit der Kamera defensiv verhalten! Besonders im Tempel, bei religiösen Zeremonien und Totenfeiern. Im Zweifel Zustimmung einholen, wenn auch nur durch Blickkontakt und Zeichen.

Vorbildfunktion:

Immer daran denken, dass wir mit unserem Verhalten auch das Verhalten besonders der jüngeren Nepali und Inder beeinflussen. Der westliche Lebensstil wird von vielen als Vorbild gesehen und versucht, nachzuahmen, mit allen guten und schlechten Seiten.

Kleidung:

Inder und Nepali legen Wert auf gute, mindestens angemessene Kleidung! Nur in Gegenden, die mit westlichen Touristen viel (!) Erfahrung haben, wird oft auch das internationale Touristenoutfit toleriert: Shorts, Schlappen, T-Shirts. In den allermeisten Regionen und an besonderen Orten wie Tempeln ist das aber nicht angesagt.

Absolut tabu sind: für Frauen nackte Oberschenkel, für Männer nackte Oberkörper. Auch, wenn man letzteres bei einfachen oder arbeitenden Indern oft sieht.

Küche:

Ein besonders sensibeler Bereich für religiöse Verunreinigung ist bei Hindus die Küche: Fremde sollten keine Kochutensilien anfassen während gekocht wird, in hochkastigen Hinduhaushalten darf man die Küche nicht betreten.

Man sollte kein Essen ins Feuer werfen, sich dem Herd nur auf Aufforderung hin nähern und vor dem Fotografieren in der Küche unbedingt fragen!

Beim gemeinsamen Benutzen von z.B. Flaschen Lippenkontakt mit dem Trinkgefäß vermeiden.

Nepalische & Indische Bürokratie

Je weniger man mit der indischen oder nepalischen Bürokratie - übrigens auch mit der indischen oder nepalischen Polizei - zu tun hat, desto besser. Leider kommt man aber nicht komplett drumherum.

Schon bei der Einreise nach Indien - weniger in Nepal - stehen lange Schlangen vor den entsprechenden Einreise-Schaltern. Hier ist das Stempeln der Visa in den Reisepässen noch eine hochherrschaftliche Angelegenheit. Freundlichkeit und Geduld helfen bei der Kommunikation mit dem Beamten.

Indien

Dabei kann man ruhig klar und bestimmt auftreten, aber laut werden, sich beschweren oder über die indische oder nepalische Bürokratie schimpfen führt häufig dazu, dass der Beamte seine real vorhandene Macht an Euch ausprobiert. Und der Beamte hat garantiert viiiieeeel mehr Zeit als Ihr. Außerdem wollt Ihr ja was von ihm.

So ist auch in diesem Bereich vor allem Indien ein Trainingslager für Gelassenheit. Mit Freundlichkeit und Beharrlichkeit geht dann erstaunlich viel.

Die Polizei ist nicht unbedingt eine Hilfe, wenn man in Indien oder Nepal Probleme hat. Natürlich kann man auch positive Erfahrungen machen. Allerdings sind die Polizisten i.d.R. schlecht bezahlt, und die Korruption ist weit verbreitet. Du weißt nie, welche Interessen das Handeln des Beamten dominieren, mit wem der gerufene Officer gerade unter einer Decke steckt, verwandt ist oder von wem er zusätzlich bezahlt wird.

Damit will ich nicht sagen, dass die Polizisten Verbrecher sind. Oft sind sie auch sehr hilfsbereit. Mann kann nur nie sicher sein ...

Wandern zum Seitenanfang

Literatur

Fettnäpfchenführer Indien: Be happy oder das no problem-Problem.

Mehr zu diesem Buch und weitere Literatur-Tipps zu Indien siehe > Indien: Literatur

Buchtipps zu Nepal siehe > Nepal: Literatur