Kultur Nepals
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Teil 2: Mehr kulturelle Blitzlichter des beeindruckenden Landes im Himalaya: Küche, Religion, Kastenwesen, Entwicklung.

Kathmandu

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Was isst man in Nepal?

Das Standardgericht heißt Dhal Bhat, Reis (Bhat) mit Linsen (Dhal). Der einfache Nepali isst einen großen Teller Reis mit einem kleinen Schüsselchen scharfer Linsensoße, i.d.R. zwei mal am Tag. Was sich erst mal ziemlich langweilig anhört, wird oft noch mit Gemüse oder Kartoffeln (die auch als Gemüse angesehen werden) und hin und wieder mit etwas Fleisch bereichert. Alles zusammen serviert man auf einem großen Blechteller mit verschiedenen Abteilungen.

Backwerk Nepal

Dhal Bhat kann auch der Bergwanderer im Himalaja immer wieder essen. Vor einigen Jahrzehnten war Reis mit Linsen auch auf den beliebtesten Trekkingrouten noch das Standardgericht. Heute gibt es am Everest und rund um die Annapurna aber Speisekarten, auf denen neben verschiedenen Reis- und Nudelgerichten auch diverse Variationen von Suppen, Kartoffeln, Eiern und Broten und sogar Hamburger oder Pizza zu finden sind. Dazu trinkt man Tee, Kaffee, Cola oder Bier, und zum Nachtisch gönnt man sich dann vielleicht noch ein Snickers - letzteres zu Preisen, die sich die meisten Nepali nicht leisten können.

Die fantastische gehobene Küche Nepals lernen Touristen meist im Tal von > Kathmandu oder in > Pokhara kennen. Schon zu Hippiezeiten galt Nepal als das Land mit dem besten und vielseitigsten Essen in ganz Zentralasien. Indische, tibetische, chinesische, westliche und nepalische Einflüsse kredenzen eine enorme Vielfalt und verschaffen nicht nur dem Reisenden immer wieder köstliche Genüsse.

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Welche Rolle spielt die Religion in Nepal?

Balsam für die europäische Seele ist der Umgang der Religionen miteinander. Hindus und Buddhisten respektieren sich, und in fast jedem Tempel der einen Religion findet man Attribute der anderen. So kommen Buddhisten, um in einem Vischnutempel zu beten, und auch Hindus opfern an buddhistischen Heiligtümern. Leider versuchen skrupellose Politiker und selbsternannte religiöse Führer wie in Indien immer wieder, die Religionen gegeneinander auszuspielen.

Rituelle Waschung

Immer wieder erstaunlich finde ich die Frömmigkeit und das Traditionsbewusstsein, auch bei jungen Leuten. Basecap, coole Jeans, lässiges Auftreten und ein modernes Handy täuschen leicht darüber hinweg, dass Religion und Tradition noch weite Teile der nepalesischen Kultur bestimmen. Die morgendliche Opfergabe am Tempel, das kurze Gebet am Shiva-Standbild oder die Akzeptanz der von den Eltern arrangierten Ehe ist nach wie vor groß. Und natürlich spielt die Familie - und auch die Kaste - eine wichtige Rolle im Leben des Nepali. Wer oder was sollte in dem gebeutelten Gebirgsland dem Menschen sonst auch Halt geben?

Dabei unterscheiden sich die Philosophien von Hinduismus und Buddhismus grundlegend von den monotheistischen Religionen wie dem Christentum. Entsprechungen zur Bibel oder zum Papst gibt es nicht. Niemand stellt Dogmen auf und keine Institution hat die Macht, den Glauben zu definieren. So unterliegen Hinduismus und Buddhismus ständigen Veränderungen. Die Hindus z.B. berufen sich auf die über 3000 Jahre alten, lange nur mündlich überlieferten Veden. Später kamen die großen Epen hinzu, die man vielleicht am besten mit den griechischen Sagen oder der nordischen Edda vergleichen kann. Im Laufe der Zeit verloren die Naturgötter wie Agni (Feuer), Surja (Sonne) und Indra (Himmel) ihre führende Stellung, und die Götter und Helden des Ramayana und der Mahabharata wie Shiva und Vishnu eroberten die Seelen der Gläubigen. So eng und starr sich das immer noch vorhandene Kastenwesen präsentiert, so frei und fließend zeigt sich die Religion.

Gut 500 Jahre vor unserer Zeitrechnung ist der Buddhismus aus dem Hinduismus hervorgegangen und hat in seiner Geschichte unterschiedliche Ausprägungen erfahren. In Nepal ist der Buddhismus sehr eng mit dem Tibetischen Buddhismus und dem Dalai Lama verbunden. Mitgefühl und Erleuchtung sind zentrale Botschaften dieser Lehre.

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Was bedeutet das Kastenwesen für Nepal?

Es gibt kaum ein besseres Mittel zur Erhaltung von Macht und Einfluss bestimmter Gruppen, als das hinduistische Kastensystem. Dahinter steckt der Gedanke, dass der Mensch die Stelle, an die er vom Schicksal gesetzt wurde, nicht verlassen soll. Gutes Karma entsteht, wenn der Schneider seinen zugewiesenen Platz in der Schneiderkaste wie seit Jahrhunderten üblich ausfüllt. Sollte er nach höherem streben, fällt schlechtes Karma auf ihn und seine Familie zurück - und er wird im nächsten Leben in einer niedrigeren Kaste wiedergeboren.

Nepali

Diese Erfindung der Brahmanen (Priesterkaste) sicherte über Jahrtausende die Macht der hohen Kasten. Das System ist heute offiziell abgeschafft. Trotzdem ist das Streben nach gesellschaftlichem Aufstieg bei Hindus nicht weit verbreitet. Buddhistisch geprägte Gruppen wie die Sherpa, Gurung oder Tamang zeigen im Vergleich dazu eine große Dynamik, wenn es um die Verbesserung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Position geht.

Wie erlebst Du die Entwicklung Nepals?

Noch in den 1970er Jahren war Nepal in weiten Teilen ein abgeschottetes Land und öffnete sich nur zögernd. Bis 1990 herrschte ein König, der im Volk als Verkörperung Vischnus göttliche Verehrung genoss.

Das politische System hat dann, seit ich Mitte der 1980er Jahre das erste Mal in Nepal war, viele Stürme erlebt. Demokraten, Pseudodemokraten, Maoisten und Pseudomaoisten lieferten sich untereinander und mit den Königstreuen einen langen Bürgerkrieg (1996-2006), und auch danach rangen und ringen die unterschiedlichen Kräfte um Macht und Einfluss. Korruption und Vetternwirtschaft sind verbreitet. Familien-, Gruppen- und Kastenzugehörigkeit spielen immer noch eine große Rolle.

Straße Kathmandu

Die politische Willensbildung in der breiten Bevölkerung ist schwierig, wenn die Analphabetenrate bei über 35 % liegt, und eine bessere Bildung nur schwer zu erreichen ist. Auch in den Bergen gibt es Schulen, aber die Bedingungen sind nicht einfach. Lehrer sind oft schlecht ausgebildet, wenig motiviert, und für den Schulweg sind die Kinder oft mehrere Stunden unterwegs.

Gleichzeitig hat das Land immer wieder mit großen Herausforderungen und Rückschlägen zu kämpfen. Nach den politischen Unruhen ließen SARS, Vogelgrippe, Erdbeben oder Corona den wichtigsten Devisenbringer und Arbeitgeber, den Tourismus, immer wieder zusammenbrechen.

Heute ist auch Nepal ein Teil der vernetzten Welt. Das weitgehend autonome Land mit einer Bevölkerung, die sich überwiegend vom eigenen Feld ernährt, gibt es so nicht mehr. Viele Menschen sind nach Erdrutschen, Bürgerkrieg und auch durch die Folgen der Klimaerwärmung vom Land in die Städte gezogen und suchen dort ihr Glück - oder wenigstens das eigene Überleben. Die Konsumorientierung der westlichen Welt ist auch in Nepal angekommen. Soziale Absicherung gibt es aber i.d.R. nicht, so dass die Menschen existenziell auf Arbeit und den Zusammenhalt der Familien angewiesen sind.

Der Tourismus hat sich als sensibler Wirtschaftszweig erwiesen. In Krisenzeiten mussten immer viele Nepali ins Ausland gehen, um dort unter sklavenähnlichen Bedingungen den Lebensunterhalt für sich und ihre Familien zu erwirtschaften. Viele Nepali haben große Angst, eines Tages zu diesem Schritt gezwungen zu sein. Die Überweisungen der Fremdarbeiter tragen seit dem großen Erdbeben 2015 mit etwa 30 % zum Gesamteinkommen der Nepali bei.

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Literatur, Führer, Karten ...

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